Barmherzige Brüder St. Veit/Glan: Fasten in Krebsbehandlung vielversprechend
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Das Team der Onkologie des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in St. Veit an der Glan: Harald Weiß, Petra Hatzenbichler, Maximilian Tomka, Ute Enökl-Tomantschger, Jan Struger und Merima Sacherer-Karic (v.l.). (c) HF Pictures
Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder St. Veit/Glan, wo sich Hans Peter Gröchenig, Vorstand der Abteilung für Innere Medizin, und Oberärztin Ute Enökl-Tomantschger mit den Auswirkungen von Ernährung auf die Krebsbehandlung auseinandersetzen, werden auch immer wieder vielversprechende Ansätze des Fastens diskutiert. Insbesondere die Fragen rund um die Bedeutung von bewusster Ernährung und den potenziellen Effekten des Fastens auf die Verträglichkeit von Chemotherapien stehen im Fokus der Aufmerksamkeit. Das Fasten, in Formen wie Kurzzeitfasten, Intervallfasten oder intermittierendem Fasten, hat sich in den letzten Jahren zu einem Trend entwickelt, der sowohl in der biologischen als auch in der medizinischen Forschung im Rampenlicht steht. Die positiven Auswirkungen des regelmäßigen Verzichts auf Nahrung sind in immer mehr Studien nachweisbar.
Eine drängende Frage für viele Krebspatient:innen und deren Angehörige lautet: „Hungert Fasten den Krebs aus?“ Gröchenig betont jedoch: „In keiner wissenschaftlichen Studie wird belegt, dass das gezielte Vorenthalten von Nährstoffen den Krebs verhungern oder aussterben lässt.“ Im Gegenteil, er weist darauf hin, dass drastische Fastenkuren über mehrere Wochen eine immense Belastung für den Körper darstellen und für Krebspatient:innen äußerst gefährlich sein können. Diese benötigen während der Therapie Kraft und Energie, Mangelernährung sollte unbedingt vermieden werden.
Bedeutung auch in Lifestyle-Diskussionen
In diesem Zusammenhang taucht auch immer wieder der Begriff „Autophagie“ auf. Dabei baut der Körper beschädigte Zellen ab und recycelt sie, was durch Fasten aktiviert wird. Während dieser Zusammenhang in der Gesundheits- und Medizin-Community Interesse weckt, hat Fasten auch in Lifestyle-Diskussionen an Bedeutung gewonnen. Influencer:innen propagieren Fasten als Mittel zur Gesundheitsförderung und Anti-Aging, wobei Methoden wie Intervallfasten und die Einnahme von Substanzen wie Metformin beliebt sind.
Metformin ist ein verschreibungspflichtiges Medikament, das hauptsächlich zur Behandlung von Typ-2-Diabetes eingesetzt wird. Zusätzlich zeigen Forschungsergebnisse, dass Fasten nicht nur die Autophagie anregt, sondern auch entzündungshemmende Effekte haben kann. Durch Nahrungsverzicht wird die Produktion von entzündungsfördernden Molekülen verringert, was zu einer Reduzierung chronischer Entzündungen im Körper führt. Diese entzündungshemmenden Eigenschaften könnten für viele Menschen vorteilhaft sein, insbesondere für solche mit entzündlichen Erkrankungen. Daher ist es wichtig, vor dem Fasten die individuellen Gesundheitsbedingungen zu berücksichtigen.
Umfassende Betreuung bei Krebspatient:innen
Insbesondere bei Krebspatient:innen sollte eine umfassende Betreuung erfolgen, um sicherzustellen, dass die Fastenpraktiken nicht die Therapie behindern oder unerwünschte Nebenwirkungen verursachen. „Extreme Fastenansätze können für Krebspatient:innen gefährlich sein und zu Mangelernährung führen. Die richtige Ernährung bleibt entscheidend, insbesondere während Chemotherapien. Daher sollten Krebspatient:innen vor der Implementierung von Fasten immer Rücksprache mit ihren Ärzt:innen halten“, betont Gröchenig.
Im Kontext der Chemotherapie werden die Auswirkungen des Kurzzeitfastens intensiv erforscht. Erste Hinweise aus der Krebsforschung deuten darauf hin, dass zeitlich begrenztes Fasten vor und während einer Chemotherapie die Verträglichkeit und die Nebenwirkungen der Behandlung positiv beeinflussen könnte.
Kurzzeitfasten mit positivem Einfluss
Enökl-Tomantschger erklärt weiter: „Kurzzeitfasten bedeutet, dass Patienten ein bis zwei Tage vor der Chemotherapie, am Verabreichungstag selbst und etwa einen halben bis einen Tag danach nichts essen.“ Die Theorie besagt, dass gesunde Körperzellen sich in einen Sparmodus versetzen, ihren Stoffwechsel herunterfahren und weniger Nährstoffe sowie Zellgifte der Chemotherapie aufnehmen. Krebszellen hingegen können diesen Schutzmechanismus nicht aktivieren und nehmen weiterhin Nährstoffe auf.
Dadurch könnten gesunde Zellen geschont werden, während die Krebszellen stärker von der Chemotherapie betroffen sind. Trotz der vielversprechenden Ansätze gibt es seitens der Ärzte derzeit noch keine generelle Empfehlung für das begleitende Fasten während einer Chemotherapie, da die Wirksamkeit und Sicherheit dieser praktischen Anwendung noch nicht ausreichend untersucht sind. Für Krebspatient:innen ist es essenziell, sich vor der Implementierung von Fasten in ihren Therapieplan ausführlich beraten zu lassen.
Scheinfasten vor allem bei Brustkrebs vielversprechend
Die bisher vielversprechendsten Studien zum Fasten in der Onkologie beziehen sich auf das sogenannte Scheinfasten (fasting mimicking diet) und das Intervallfasten. Scheinfasten wird derzeit vor allem bei Brustkrebs im frühen Stadium erprobt. Diese Methode könnte möglicherweise das Ansprechen auf eine Chemotherapie vor der Brustoperation verbessern. Dabei dürfen die Patient:innen während der Chemotherapiezyklen maximal fünf Tage lang rund 700 Kalorien täglich zu sich nehmen. Die Ernährung besteht aus rein pflanzlichen Nahrungsmitteln, mit einem besonderen Fokus auf wertvolle Fette und komplexe Kohlenhydrate aus Gemüse und Obst. „Unter Einhaltung dieser Vorgaben scheinen metabolische Veränderungen, ähnlich denen beim Fasten, aufzutreten. Im Gegensatz zum vollständigen Nahrungsverzicht dürfte dies leichter durchzuführen sein, und das Risiko eines Verlusts an Muskelmasse sinkt“, schildert Ärztin Enökl-Tomantschger.
Bei normal ernährten oder leicht übergewichtigen Patient:innen, die sich einer präoperativen Chemotherapie bei Brustkrebs unterziehen, könne laut Enökl-Tomantschger das Scheinfasten auf Wunsch bereits versucht werden. Anders verhält es sich bei Patient:innen mit fortgeschrittenen Erkrankungen, die oft unter Untergewicht und Verdauungsproblemen leiden. „Hier raten wir jedoch dezidiert davon ab. Die notwendige Kalorienmenge sollte zugeführt werden, um weitere Gewichtsabnahme und Mangelerscheinungen zu vermeiden“, schließt die Onkologin.
Quelle: Barmherzige Brüder St. Veit/Glan